The Dillinger Escape Plan
One Of Us Is The Killer
Text: Jens Mayer
The Dillinger Escape Plan haben ihre Albumdynamik im Lauf der Jahre perfektioniert, sie geben uns immer wieder genau so lange Zeit zum Luft holen, dass man danach für die nächste Runde bereit ist und sich der Tortur ihrer Musik aufs Neue ausliefern möchte. Auf das obligatorische Opener-Gemetzel von “Prancer” folgt mit “When I Lost My Bet” ein Stück, das die selbstgerecht grinsenden Jazzer von der Open Stage direkt in die Gummizelle befördert, weil sie den genialen Wahnsinn von Ben Weinman und seiner Bande niemals verstehen werden. Die Band aus New Jersey hat die kalkulierte Ewigkeit mit dem Debüt angekündigt und löst sie mit Stücken wie diesem ein; selten klang Disharmonie so perfekt aufeinander eingespielt. Mit dem anschließenden Titelstück darf Greg Puciato einmal mehr beweisen, dass er gesangstechnisch mit Mike Patton und Trent Reznor mithält. Das schließt unmittelbar an die ohne Ausbrüche auskommenden Vorgängersongs “Black Bubblegum” und “Gold Teeth On A Bum” an. Dreieinhalb Minuten später brüllt er uns schon wieder aus seiner Komfortzone an, Schlagzeuger Billy Rymer hilft ihm nach Leibeskräften dabei. Bis “Hero Of The Soviet Union” nach einer Minute wieder eine Wende nimmt, nur um nach weiteren 30 Sekunden das Wechselbad der Gefühle zu komplettieren. Die hyperaktiven Männer hinter The Dillinger Escape Plan langweilen sich halt schnell. Man könnte “One Of Us Is The Killer” weiter analysieren, würde mit jeder näheren Betrachtung neue kunstfertige Finessen, waghalsige Arrangements oder einfach auch schöne Melodien finden. Denn bei aller Berechnung intonieren die fünf Ausnahmemusiker ihre Songs letztendlich doch mit dem Herzen. Nur dass sie in einem Stück mehr Gefühlszustände auf den Punkt bringen als andere Bands mit einem ganzen Album. “Nothing’s Funny”, “Paranoia Shields”, “Magic That I Held You Prisoner” – dafür braucht selbst Patton mindestens drei Bands und Projekte. Wer die Entwicklung von The Dillinger Esacape Plan in den vergangenen zehn Jahren mitverfolgt hat, könnte vorschnell urteilen, dass man das alles schon kenne von ihnen und dass sie auf hohem Niveau stagnierten. Mitnichten. Die Band hat sich ein komplett eigenes Spielfeld erschaffen, auf dem nach ihren eigenen Regeln gespielt wird. Wir kennen das aus dem Spitzensport: Wenn man nahe der Perfektion agiert, sind es die genialen Details, die Kenner ins Schwelgen versetzen.
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