Ein Geigencrescendo, erst hoch, dann runter, dann wieder hoch. Das vierte Album von The Faint beginnt mit einer Art Tusch, und was folgt, ist in der Tat applauswürdig. In letzter Zeit haben sich einige Bands (z.B. Radio 4, The Rapture, The Killers) durchaus vielversprechend am Achtziger-Kanon, am Brückenschlag zwischen Dance- und Rockmusik versucht. Aber keine ging dabei so wirkungsvoll, so direkt, so umwerfend vor wie dieses Quintett aus Omaha. Der vorherrschende Synthie-Sound beamt einen zwar schnurstracks 20 Jahre zurück, doch das Songwriting ist auf Höhe der (Indie-)Zeit und durchaus nach vorne gerichtet. Die Wahrheit liegt hier ohnehin auf dem Platz, sprich der Tanzfläche. Und die muss sich füllen angesichts solcher Argumente: ein Groove, der sofort in die Füße geht. Beats, die die Nervenenden erfassen und die Bluttemperatur steigen lassen. Melodien, die sich im Ohrwurmzentrum festsaugen wie Blutegel am Unterschenkel. Trotz der Instrumentierung klingt das keineswegs steril und abweisend. The Faint geben sich zwar gerne mal schick-unterkühlt, sind aber gleichzeitig auch entgegenkommend, unelitär, klingen stets nach echten Menschen aus Fleisch, Blut, Gewissen und Geschmack. Und selten hat eine Platte, auf der so wenig Gitarren zu hören sind, so sehr gerockt. Noch dazu in dieser Vielfalt. “Birth” etwa hätte trefflich auf die neue Soulwax gepasst, auch “I Disappear” klingt wie eine Mischung aus Belgium’s Finest und den Hoppelbass-Kings Dead Or Alive, die weit mehr zu bieten hatten als den Hit “You Spin Me Round”. Für “Paranoiattack” werden die House-Filter angeworfen, die den Song antreiben wie ein unermüdlicher Galeerentrommler. “Erection” vereint Depeche Modes Bondage-Groove mit dem Gestus von Altmeister Bowie, während “Phone Call” faszinierend einfache und einfach faszinierende Reggae-Pop-Figuren im Stile der frühen Police aufgreift. Mit jedem weiteren Hören ist man sich sicherer: Dies ist sie, die Tanzrockplatte des Jahres.