So ist das auf dem Gitarrenpopgroßmarkt der mittleren Nuller Jahre: Eigentlich sind The Fratellis exakt die Sorte Band, wie man sie gerade gar nicht mehr sehen und hören will. Was nicht heißt, dass The Fratellis nicht absolut großartig wären. Anhand des Trios aus Glasgow zeigt sich mal wieder, dass heutzutage nicht mehr unbedingt Erneuerungsdrang und Eigenheit eine gute Band ausmachen (es ist schlichtweg die falsche Zeit dafür), sondern vielmehr die Fähigkeit, das Beste eines Genres auf der Basis von Spielfreude und kompetentem Songwriting zu bündeln. Die Fratellis hängen auf ihrem Debüt dem derzeit umherzockelnden Britpopzug noch einen Partywagen an und geben sich dabei so überschäumend wie ein übervoller Bierbecher. Und das Schöne ist, sie lassen dank durchweg guter, wenngleich simpler Songs alle anderen doof aussehen. Dem Blur-verknallten Geschnatter der Kaiser Chiefs bringen sie das richtige Tempo bei, die Mir-doch-schnurz-Attitüde von Doherty und Barât wird von den Fratellis charmant zurück ins Sixties-Gewand gedrückt, den Arctic Monkeys erklären sie nebenbei, dass Hochhauscharme und Pommesbudengesang noch lange keine guten Songs machen, und den Kooks schwappen sie Bier übers Jackett. The Fratellis machen tatsächlich all das, was man schon ausgiebig kennt. Sie machen’s nur besser – und das ein Album lang. Tolle Band. Letztlich bewährt sich bei The Fratellis mal wieder genau das, womit man seit Jahrzehnten auf der Insel am besten fährt: Das Trio spielt sorglosesten Sixties-Pop mit Punkrock-Attitüde. Damit zettelt man heutzutage keine Revolution mehr an, aber es scheint, als bräuchte es alle paar Jahre eine Meisterschaftsband in dieser Disziplin. Insofern sind The Fratellis absoluter Klassizismus. Das Plattenfirmeninfo faselt anlässlich von “Costello Music” irgendetwas von Manfred Mann als Haupteinfluss – das kann man abschreiben, man kann es aber auch lassen. Im Endeffekt wird hier alles wieder zurückgeführt auf die Ursuppe guten britischen Gitarrenschaffens: The Beatles, The Kinks, The Jam, Buzzcocks etc. pp. Wollte man der Band Böses, könnte man noch anfügen, dass sie sich ab und zu anhören wie die betrunkene Gitarrenschrammelversion der Scissors Sisters, was der unbedingten Polonäse-Tauglichkeit ihrer Songs geschuldet ist. Den Fratellis dürften derlei Vorwürfe egal sein, sie reimen derweil fröhlich “crazy” auf “amaze me”. Entweder die neue Lieblingsband von Noel Gallagher oder genau das, wovor er sich immer gefürchtet hat.
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