Ich weiß nicht, wie oft ich “Mono” in den letzten Tagen gehört habe. Um einen Überblick über eine Platte zu erhalten, genügen in der Regel zwei bis drei Durchläufe, und dann fängt der pure Genuss an. Bei diesem Album sind es mindestens zehn, relaxt zurücklehnen kann ich mich hingegen immer noch nicht. Und doch genieße ich “Mono”, und zwar so sehr, dass ich immer wieder “boooaaah!” schreien muss und mich nichts auf dem Stuhl halten kann. Warum? The Icarus Line liefern hier ein Album voller Brüche und Verweise, das es in einer solchen Vielschichtigkeit noch nicht gegeben hat. Geradezu prophetisch vereinen sie die Sounds so grundverschiedener Szenen wie Hardcore, GaragePunk, Emo, Noise und Blues unter einem Dach und kommen dabei so unkompliziert aus der Hüfte, dass man sich fragt, warum es diese Platte erst jetzt gibt. The Icarus Line nehmen den Teller und schleudern ihn mit Inbrunst gegen den nächsten Laternenmast. Jazz, GarageTrash, Psychedelic? Alles kein Thema, alles drin. The Cure, Dexys Midnight Runners, Jon Spencer, The (International) Noise Conspiracy, Snapcase, Fugazi – noch irgendwelche Wünsche? In “You Make Me Nervous” und “Rape Of The Holy Mother” brechen sie Harmonien auf wie Dillinger Escape Plan, in “In Lieu” klingen sie wie Radiohead als Emo-Band. Sie erteilen den Misfits eine Lektion in Weiterentwicklung bei “Keep Your Eyes Peeled”, in “Best Two Out Of Three” lassen sie sogar RATM blass in die Röhre gucken, und mit dem letzten Song “SPMC” spannen sie den Bogen ohne jede Selbstbeschränkung von einem jazzigen Part über einen doomigen Teil in der Tradition von Trouble bis hin zu einem Psychedelic-Drone, der keine Vergleiche kennt. Und bei alledem klingen sie keinen Moment zerrissen oder anbiedernd, sondern immer authentisch, homogen und emotional. Von dieser Band wird man noch hören!
weitere Platten
All Things Under Heaven
VÖ: 02.10.2015
Wildlife
VÖ: 04.11.2011
Black Lives At The Golden Coast
VÖ: 29.06.2007
Penance Soirée
VÖ: 26.04.2004