The Jeffrey Lee Pierce Sessions Project / The Gun Club
The Task Has Overwhelmed Us
Text: Markus Hockenbrink | Erschienen in: VISIONS Nr. 367
Diese Widmung kann dabei ganz unterschiedlich ausfallen. Ursprünglich geht das Jeffrey Lee Pierce Sessions Project nämlich auf die Initiative von Pierce’ Gitarrist Cypress Grove zurück, der einst eine Musikkassette mit unveröffentlichten Demoaufnahmen seines Mentors fand und die darauf enthaltenen Skizzen mit Gleichgesinnten ausformulierte. Nick Cave, Mark Lanegan, Lydia Lunch und Debbie Harry (Pierce war Vorsitzender des Blondie-Fanclubs) ließen sich nicht lange bitten und schrieben ihrem gefallenen Weggefährten ein ganz persönliches musikalisches Testament auf den Leib.
Offenbar stellte sich das Material dabei als so umfangreich heraus, dass weitere “Sessions” folgten, wobei “The Task Has Overwhelmed Us” nun den vierten und letzten Teil des Projekts abgibt. Auch wer noch nie von Jeffrey Lee Pierce oder Gun Club gehört hat, braucht nur wenige Sekunden mit Dave Gahans sehr gelungenem Cover von “Mother Of Earth”, um zu verstehen, was an diesen Songs es so vielen namhaften Musiker-Fans angetan hat.
In einem Idiom, das gerne “Punk-Blues” genannt wird, singt Jeffrey Lee Pierce immer wieder über “rivers”, “mountains” und “highways” und malt dabei ein dezidiert amerikanisches Panorama an die Wand, das von allerhand windigen Gestalten bewohnt wird. Eine dieser Gestalten dürfte Pierce selbst gewesen sein, denn seine Biografie schildert den Sänger als unsteten, rastlosen und teils wunderlichen Charakter, dessen beachtliches Talent gerne mit seinem wilden Lebensstil kollidierte. “Nichts ist so unwirklich wie das Leben”, pflegte er zu sagen, und doch nimmt die Existenz zumindest für die Dauer eines seiner Songs klare Konturen an.
Auf diesem Album widmen sich neben Cave, Harry, Lunch und Lanegan auch Musiker:innen wie Alejandro Escovedo, Chris Eckman und Suzie Stapleton der Spurensuche. In einem Stück erklingt sogar noch einmal Pierce’ Stimme aus der Vergangenheit. Das Ungehobelte der Compilation ist Stärke und Schwäche zugleich. Einerseits wird damit Pierce’ intuitiver Arbeitsweise Rechnung getragen. Andererseits sorgt das stellenweise für die Art Uneasy Listening, von der sich in der Regel nur selbsternannte Schmerzensmänner mit Johnny Cash-Fetisch angezogen fühlen. Und die Frauen, die unglücklich in sie verliebt sind. Aber vielleicht hat Pierce ja genau das gewollt. Sein ehemaliger Gitarrist hat seinem Gedenken jedenfalls einen echten Liebesdienst erwiesen.
Das steckt drin: Johnny Cash, Screaming Trees, Wovenhand
weitere Platten
Axels & Sockets
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"Drei Rereleases"
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The Journey Is Long
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We Are Only Riders
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