Auch wenn es auf dem Papier anders scheint: Dem achten Magnetic-Fields-Album sind gleich zwei Soloplatten ihres Vorstands Stephin Merritt vorausgegangen. Das eine war als solches deklariert, hieß “Showtunes” und gefiel sich als relativ bizarres Sammelbecken für Merritts Kompositionen im Auftrag chinesischer Bühnenspiele. Das zweite dagegen ließ sich äußerlich nichts von einem Soloalbum anmerken: “i” war als Magnetic-Fields-Album ausgewiesen und entpuppte sich erst innen als ein Alleingang Merritts, der nur ein bisschen Strahlkraft mehr gebraucht hätte, um die Restband langfristig von ihren Pflichten zu entbinden. So aber musste sich Merritt wohl eingestehen, letzthin den Bogen etwas überspannt zu haben – und statt The Magnetic Fields auf ihre alten Tage endgültig zur Soloshow umzumodeln, pries er das nächste Album schon Monate vor dem ersten Ton als eine “Band-Errungenschaft” an. Als solche ist “Distortion” nun unschwer auszumachen. Merritt nimmt sich zurück, wo er nur kann, nicht in den Hintergrund, doch bis auf Augenhöhe seiner Mitmusiker. So manche gebrochen ironische Textzeile hat er sich bewahrt – ansonsten machen sich Anknüpfungspunkte zum Vorgänger rar. “Distortion” heißt, wie es sich anhört: nach einem Zerrbild dessen, was man bisher für The Magnetic Fields gehalten hatte. Nur noch unterschwellig niedlich sind diese 13 Songs, wenn sie im dichten Nebel aus rauschenden Gitarren, verhallten Drumbeats und dröhnenden Effekten verschwimmen, als stimmte jemand Weihnachtslieder im Angesicht der Apokalypse an. Und auch wenn wir noch nicht ganz so weit sind: Mit “Distortion” empfehlen sich The Magnetic Fields vorsorglich schon mal als Endzeitausgabe der frühen Beach Boys. In Merritts Worten: “I hate California girls.”
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