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    The Mars Volta
    The Bedlam In Goliath

    VÖ: 25.01.2008 | Label: Universal
    Text:
    Platte des Monats
    The Mars Volta - The Bedlam In Goliath

    Ja, sie ist wohl etwas normaler als andere Alben von The Mars Volta. Und sie profitiert davon. Aber Leute, Leute, Leute: Was für schrille Visionäre. Was für extreme, anstrengende aber auch technisch beschlagene und irgendwann ergreifende Rockvisionäre.

    Man muss sich da nichts vormachen: Jedes Mal, wenn ein sehr großer Teil der Erdbevölkerung diese Platte auch zum zehnten Mal einlegen wird, wird es wieder ein Kampf mit den eigenen Hörgewohnheiten. Selbst wenn The Mars Volta dieses Mal etwas griffiger sind: Nach einem kurzen Anfangs-Ausbruch entpuppt sich bereits “Aberinkula” als so etwas wie ein – bis auf die wahnsinnige Instrumentierung – klar strukturierter Song. Eine einfache Keyboard-Melodie und ein Gitarrenlick geben dem Stück gegen Ende sogar klare Konturen. Fast mitsingen kann man an einigen Stellen! Irgendwann. Regelrecht schlüssig zappelt sich die Band auch durch das Calypsomonster “Ilyeana” und die (Achtung!) Single dieser Platte. “Wax Simulacra” endet tatsächlich – nach noch einmal völlig schrägen Schlusssekunden – vor der Dreiminutenmarke, und Sänger Cedric Bixler-Zavala beweist sich mindestens hier als einer der wenigen, die Gesangslinien über die kuriosesten Arrangements so schreiben können, als wäre es das Logischste der Welt. Wer also Menschen schnell erklären will, was The Mars Volta sind, der nutze diesen Song.

    Was aber soll das alles wieder, dieses reizvolle, epische Chaos? Im Umfeld der Platte hört man von einem Konzept, das an einem Wahrsagerbrett entstanden sein soll. Man sieht ein Cover, das nordafrikanische Architektur sprenkelt mit Medienempfanggeräten. Und man findet im knapp zehnminütigen “Soothsayer” gegen Ende wohl einen der Schlüssel. Ausgehend von einem orientalischen Soundsample wächst auf einem minimalen Loop ein sehr offenes The-Mars-Volta-Stück zu einem theatralischen Jam heran. Der andere Eckpunkt, der Halb-Titeltrack “Goliath”, basiert hingegen auf fast tanzbarem Psychedelic-Funkrock, bleibt aber ähnlich übersichtlich, bevor er dank kompletter Reinsteigerung zu einem Hit des eigenen Genres wird. Es sind diese weniger hektischen, mehr atmosphärischen Stücke, die “The Bedlam In Goliath” ein Gesicht geben.

    In der zweiten Hälfte vereinigen sich “Agadez”, “Askepios” und “Ouroburos” zur vielleicht mächtigsten Viertelstunde der Platte. Ersteres wandelt sich von trägem Progrock zu wildem und vor Kraft strahlendem Exzess. Zweiteres klingt wie der schrittweise Übertritt in die Schizophrenie eines Rock-, Jazz- und Metal-Fans. Völlig entkoppelt von gängigen Strukturen landet die Nummer schließlich auf einem pumpenden Bass-und-Schlagzeug-Fundament, auf dem die Gitarre herumdudelt wie gegen Ende einer 33-tägigen Jamsession auf Amphetaminen. Und mit dem Geräusch, das in den Boxen kratzt, bevor jemand auf dem Handy anruft, wird schließlich zu “Ourboros” übergeleitet, welches immer wieder in dieselben ruhigen, breiigen Keyboard-Sounds mündet und zwischendurch klingt wie System Of A Down in ein paar Jahren, falls sie denn alles richtig machen.

    So oder so ungefähr ist das. Man kann das nur schildern. Und auch das nur in Auszügen. The Mars Volta bleiben eine der wenigen Bands, die in der Lage sind, Rockmusik ernsthaft auf die Probe zu stellen und den passionierten Hörer zu belohnen. Wenn sie sich auch für Leserführung nicht zu interessieren scheinen. Sie machen das für sich. Und wir dürfen dabei sein. Dieses Mal sogar sehr gern.

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