Christopher Chu aus San Francisco besitzt das Talent, seine Songs mehrdimensional entwerfen zu können. Da ist die erste, sehr zugängliche Ebene, auf der Big Echo eine schöne, sonnige Indieplatte ist. Man hat Spaß mit den Melodien von Songs wie der grandiosen und orchestralen Schunkel-Hymne Excuses, schaut bei Promises perplex aufs Display, um zu sehen, ob man versehentlich eine überraschend exzellente Platte des 80er-Popstars Nik Kershaw gekauft hat, und denkt bei All Day Day Light beinahe wehmütig an die Shins in Bestform zurück. So hätte es weiter gehen können, Hit auf Hit. Aber Chu hatte keine Lust auf Indiepop by Numbers, und deshalb gibt er Big Echo ab dem vierten Song eine neue Ebene, die in komplizierte Gebiete führt. Ganz ähnlich wie Grizzly Bear es auf Veckatimest gemacht haben (deren Chris Taylor produzierte hier), verzichten die Morning Benders auf jegliche Stromlinienförmigkeit. Chu im Indie-Wonderland: Ob ein Song wie Mason Jar noch schön oder schon gespenstisch ist, bleibt auch nach mehrmaligem Hören offen. Das erinnert an die Beach-Boys-Stücke aus der Phase, als Brian Wilson jegliche Klarheit verlor und sich ausgerechnet mit psychedelischen Songs an die Wirklichkeit heranzutasten versuchte. Erst gegen Ende kehrt die große Geste zurück: Das Drama von Stitches bleibt lange im Ohr und wird zu den Liedern gehören, die man immer und immer wieder auf gute Compilations packt. Sowieso: Jede Wette, dass die Morning Benders in sechs Monaten zu den meist empfohlenen Indiebands des Jahres gehören werden. Man möchte sie heute loben, bevor es morgen alle tun.