Zwar zeigt die CD 27 Stücke an, doch nur ungefähr die Hälfte davon verdienen die Bezeichnung Song. Der Rest besteht aus frickeligen Geräuschen und Schnipselkram – einer Art Free-Form-Freakout, wie die legendäre Psychedelic-Band Red Crayola es nannte. Dennoch ist dies kein unhörbarer Avantgarde-Scheiß, sondern in vielen Stücken an Sechziger Jahre Westcoast geschulter Hippie-Pop, der sowohl die Mothers Of Invention als auch Jefferson Airplane und Grateful Dead kennt. Aber genug des Name-Droppings, das der Musik ohnehin nicht gerecht wird. Olivia Tremor Control haben die Gabe, wunderbar weiche Melodien zu schreiben, die unter anderem durch fast körperlos scheinenden Harmoniegesang und abwegige, aber nie schrill klingende Arrangements realisiert werden. Die meisten Songs zeichnen sich durch einen collagenhaften Aufbau aus, was dazu führt, daß nicht immer klar ist, wann ein Stück zu Ende ist. Auch wenn Olivia Tremor Control straighter klingen, werden sperrige Soundpartikel eingestreut, die die Musik an keiner Stelle normal scheinen lassen. Zudem liebt die Band Verfremdungen aller Art – von Phasing bis zu verzerrten Orgeln und Stimmen oder hintergründigen Glockenspielen. Dazu steigen Luftblasen auf. Wir befinden uns unter Wasser, aber das versteht sich ja von selbst. Dies ist die vielleicht gelungenste Weiterführung von Psychedelia, die es im Moment gibt.
weitere Platten
Dusk At Cubist Castle
VÖ: 01.01.1900