The Plot To Blow Up The Eiffel Tower
Love In The Fascist Brothel
Zeit ist relativ, das zeigt sich hier mal wieder. Denn 24 Minuten können im Fluge
vergehen, wenn man nur noch zu zehnt ist und einen 2:0-Rückstand aufzuholen hat. 24
Minuten können aber auch extrem lang sein, wenn man sich durch dieses Album hört mit dem
festen Vorsatz, die Finger von der Skip-Taste zu lassen. The Plot To Blow Up The Eiffel
Tower haben es nämlich auf unsere Nerven abgesehen und kombinieren hierfür zwei für
diese Zwecke äußerst dankbare Genres: Noise-Rock der alten ‘AmRep’-Schule und aktuellen
Extremisten-Core von Combos wie Curlupanddie oder Since By Man. Leider kommt dabei weder
Fisch, noch Fleisch und schon gar kein Tofu raus. Vom durchdachten Chaos der Blood
Brothers oder der performativen Kraft von The Locust sind TPTBUTET meilenweit entfernt,
“Love In The Fascist Brothel” ist altertümlich produziert, das Songwriting heischt nach
Effekten, kommt über Weirdo-Standards wie atonales Saxophongequieke aber selten hinaus.
Blieben Artwork und Konzept, das sich im Dada-Stil mit dunkeldeutscher Geschichte
beschäftigt. Die Songs heißen “Reichstag Rock” oder “Lipstick SS”, auf dem Cover ist ein
Wehrmachts-Offizier mit Brüsten zu sehen, der einem Nazi-Pferd nachsteigt. Das alles
kann und darf man durchaus witzig finden – ungefähr eineinhalb Durchgänge lang. Aber
wahrscheinlich auch nur, wenn man für die CD nichts bezahlen musste.
Ingo Neumayer – 3
Einen ausgeprägten Hang zu maximaler Zerstörungswut, sperrigem Lärm und kompositorischem
Anarchismus sollte man mitbringen, wenn man das hier mögen will. Klar ist auch: Das kann
man nicht immer hören. Zum Beispiel tunlichst nicht mit seiner Freundin. Besser schon:
Mit seinen musikalisch hartgesottensten Kumpels Wodka pur saufen, keine Nachbarn haben,
Anlage auf zehn, und dann raus aus allem, was man weitestgehend ‘Konvention nennt. Dann
erwarten dich: 24 Minuten herrlicher Kontrollverlust im kompromisslosen
High-Speed-Noiserock-Gewand, ununterbrochene Brüche und Überschläge, Bässe wie
Strahlkotze, Drums vom Mülltonnen-Friedhof und Gitarren, die jede nur denkbare Facette
atonaler Hässlichkeit kennen. Obendrein großartig bescheuerte, rüpelhaft rausgekodderte
Gaga-Texte und ein nicht nur im Albumtitel ausgelebter Hang zu Sex und ironisch
verpackter Nazi-Unbill. Und doch, das ist ja der Witz, ist dieser Krach und Schmutz auf
seine sehr eigene Weise verdammt sexy. So, und damit der geneigte Leser sich auch nur
ungefähr vorstellen kann, was hier abgeht: Wie McLusky, Frank Zappa, Hellworms und
Captain Beefheart gemeinsam in der Gummizelle. Nur noch viel krasser.
Sascha Krüger – 10