Elf Jahre liegen zwischen “Help Us Stranger” und dem Grammy-prämierten Vorgänger “Consolers Of The Lonely”. Statt mit dem lang erwarteten Folgealbum lediglich Nostalgie zu bedienen, agiert die Songwriter-Bromance um Jack White und Brendan Benson so vorwitzig, wild und mit dem richtigen Gespür für Riffs und Melodien wie nie zuvor. Im Opener “Bored And Razed” grooven Gitarre, Schlagzeug und Bass beiläufig vor sich hin, als hätte man heimlich die Tür zu einer laufenden Jam-Session geöffnet. Die ist jedoch nur angetäuscht, die Rhythmus-Sektion nimmt Fahrt auf, und Whites übermütig in die Höhe turnende Gitarre übernimmt. Statt “California bored and razed” sei man nun mal “Detroit born and raised” stellen White und Benson gleich zu Beginn klar, bevor der Song in einen wilden Garage-Rock-Jam ausfranst. Das folgende “Help Me Stranger” spendiert den eingestreuten Blues-Gitarren einen lässigen akustischen Überbau und bereitet für einen melancholischen Ohrwurm der Extraklasse vor: “Only Child” lässt Benson mit Zeilen wie “Only child/ Sensitive soul/ You see the beauty in everything/ Without ever being told” in der Rolle des sensiblen Indie-Songwriters brillieren, während White stets im rechten Moment mit Background-Gesang und intuitiver Gitarrenarbeit zur Stelle ist. Ähnlich einfühlsam, angereichert mit Anleihen von David Bowie bis The Velvet Underground, überzeugt Benson in “Now That Youre Gone” und “Live A Lie”; um Seelenschmerz dieser Größenordnung auszuformulieren, braucht es entsprechende Referenzen. Das Meisterstück dieser Gattung “Somedays (I Dont Feel Like Trying)” bringt mit einem gewaltigen Riff aus dichten Blues-Slide-Gitarren ganze Welten ins Rutschen. White dagegen sieht seine Zuständigkeit wie so oft in der Vielseitigkeit: So wirkt er furios fordernd im RocknRoll-Punk-Brecher “Dont Bother Me”, erinnert im von harmonischen Chören getragenen Klavierstück “Shine The Light On Me” an die Beatles oder frönt in “Sunday Driver” kernigen Led-Zeppelin-Riffs, nachdem die Band zunächst noch Donovans “Hey Gyp (Dig The Slowness)” mit Benson an der Mundharmonika einen perkussiven Kick verpasst hat. Zwischen den perlenden Tönen des abschließenden “Thoughts And Prayers” kommt einem schließlich langsam die Erkenntnis, dass es keineswegs Größenwahn ist, der Benson und White in Interviews dazu treibt, die eigene kreative Zusammenarbeit mit der von John Lennon und Paul McCartney zu vergleichen: Mit dieser Platte haben sie den Beweis erbracht.
weitere Platten
Live At Electric Lady
VÖ: 29.05.2020
Live In Tulsa
VÖ: 01.03.2020
Consolers Of The Lonely
VÖ: 25.03.2008
Broken Boy Soldiers
VÖ: 12.05.2006