Das hat dem Waverock-Revival des jungen England noch gefehlt: eine Kapelle, die nicht nur klingt, als wäre sie in den grauen Frühachtzigern stecken geblieben, sondern auch so schreibt. In “Strasbourg”, dem Opener des Rakes-Debüts “Capture/Release”, denkt sich Sänger Alan Donohoe hinein in eine Romanze mit der Frau eines Agenten zur Zeit des Kalten Kriegs. “Me ‘n’ you in West Germany, October 1983 / I know that freedom was a lie / and your husband was a spy.” Donohoe, der im Herbst ’83 bestenfalls laufen lernte, tut dies in herzhaftem Londoner Arbeiterakzent, und hinten schnellen Bass, Drums und Gitarren roh wie schnurstracks durch die Strophe. Kommunismus, Eskapismus, Kapitalismus, Imperialismus. Zu viele -ismen, siehe Dog Eat Dog (off all places), sind eher ungut für das Wohlbefinden, und deshalb steckt bereits in den ersten drei Minuten dieser Platte mehr Kritik am (post)modernen Dasein als auf den meisten aller übrigen New Wave Of British New Wave-Alben zusammen. The Rakes, das eint sie freilich mit den Mitbewerbern um den derzeit allerheißesten Scheiß, sind keine politische Band, verstehen sich vielmehr auf rhythmische Kunststücke und lassen die Harmonien ein ums andere Mal aufregende Haken schlagen. Und doch kann und muss man einem Song wie “22 Grand Job” –Donohoes zynische Rückschau auf seine vergebliche Bewerbung um einen “9 to 5”-Job – mehr als bloße Selbstreflexion anhören. Hier wirbt einer für das Denken wider den Verstand, für mehr Bauch vor Kopf; nicht nur im Zweifelsfall. Fein, dass die Musik für diese kerngesunde Sicht der Dinge einsteht.
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