Thumb
Exposure (Platten der Neunziger)
Als Thumb 1995 ihr selbstbetiteltes Debüt veröffentlichten, fand ich sie unsagbar doof. Das, was das Gütersloher Quintett um Shouter Claus Grabke da fabrizierte, klang mir einfach zu sehr nach einer deutschen und somit wenig authentischen Kopie dieses arschcoolen Ami-Crossovers. Eine Platte und unzählige Konzerte später sieht das alles ziemlich anders aus. Die Entwicklung, die Thumb von nur einer Platte zur nächsten durchgemacht haben, ist in ihrer Vehemenz schon beeindruckend. In kürzester Zeit sind aus professionell skatenden Hobbymusikern wie Grabke, die sich ihren eigenen Soundtrack für den Halfpipe-Ritt schrieben, professionell musizierende Hobbyskater geworden, die bestechendes Können und echte Tiefe an den Tag legen. Ihre Musik ist zwar unzweideutig auch auf „Exposure” immer noch im amerikanischen Hardcore und Crossover verwurzelt, hat sich jedoch von den großen Vorbildern deutlich emanzipiert. Die Stilmittel sind simpel, aber effizient: Dem superfetten, extrem druckvollen Moshcore wird eine gehörige Portion Funkyness beigemischt. Der DJ tritt zwar in den Hintergrund, aber die satten Gitarren füllen jede Lücke. Über dem puren Adrenalin der Musik thront aber die zum überzeugend variablen Sänger gereifte Stimme Grabkes, die präzises Rapping und aggressives Shouting ebenso beherrscht wie gefühlvolles Schmachten und das Entwickeln wirklich schöner Gesanghooklines. Mit „Exposure” ist Thumb jedenfalls eines der intensivsten und fettesten Gitarrenplatten Deutschlands gelungen; bleibt zu hoffen, dass sie dort noch einmal anknüpfen können. Von besonderem Interesse dürfte übrigens die Zweitauflage „Maximum Exposure” sein, die neben dem kompletten Album acht Livetracks und „Die Welt ist eins”, die coole Kollaboration mit Thomas D., beinhaltet.