Die ideale Beziehung ist die, aus der man nicht mehr lebend rauskommt. Thursday huldigen ihr postrockend.
Endlich mal nicht über frische oder kaputte Liebe singen, sondern über stetige, das war Geoff Ricklys Plan und es deshalb nur logisch, dass er sich so fest in den neuen großen Thursday-Klang gewickelt hat wie ein Baby, das nicht einschläft. Nicht bewegen, nicht freistrampeln, nicht viel Welt außerhalb der eigenen Gefühle, aber die dafür umso gewaltiger. “No Devolución” ist ein Album geworden, auf die alle anderen rückwirkend stumm gezeigt haben, wenn man es endlich weiß. Der Post-Hardcore wacht nur noch hinter dem Fenster, während draußen ein erhabener Schneesturm tobt, durch den Vögel stürzen. Thursday machen jetzt Postrock, die offene, hoffnungsvolle Sorte, die das Stolpern so feiert wie das Aufspringen danach. Das Schlagzeug kämpft sich taumelnd voran, Grungegitarren halten schützend eine Decke drüber, in heftigen Donner mischt sich ein mutiges kleines Glockenspiel, die Synthies triefen vor Glück. Rickly singt dazu sanft wie Chris Martin, altmodisch wie die 90er mit einem riesigen Kragen ums Kinn, verzweifelt wie er selbst. In “Open Quotes” zieht es seiner Stimme den Boden unter den Füßen weg, sie stürzt – “Its time to let gooo” – in den Abgrund, obwohl doch eh schon alles klingt wie eine Botschaft aus Brunnen/Wurmloch/Schlucht. Unten atmen sie tapfer weiter. Und wollen gar nicht raus.
10/12 – Britta Helm
Da warens nur noch Thrice: Der zweite große Hoffnungsträger des Post-Post-Hardcore spielt sich ins Aus.
Common Existence war super. Ausgefuchst, atmosphärisch, konsequent zu Ende gedacht. Die nächste Entwicklungsstufe einer Band, der man mit dem Etikett “Post-Hardcore” nicht mehr gerecht werden konnte und mit dem Etikett “Emo” noch nie gerecht geworden war. Thursday waren – nach Thrice – die zweite Band ihres ansonsten ärgerlich stagnierenden Genres, die den Rock in alle möglichen und unmöglichen Himmelsrichtungen weiterdachten. Und so sehr sie sich dabei auch von ihren Ursprüngen entfernten, so sehr hatten sie doch immer ein klares Ziel vor Augen: packende Songs zu schreiben, die zusammen ein packendes Album ergeben. So wie “Common Existence”. So wie “No Devolución” nicht. Die neue Thursday ist: lasch. Lasch in den austauschbaren Songs, lasch in den gefühlsduseligen Texten, lasch im vergeblichen Bemühen, so etwas wie Eindringlichkeit zu erzeugen. Das Problem ist nicht, dass Thursday jetzt auf Post- und Indierock machen, das Problem ist, wie. Kein Druck auf den Kesseln, aber zu viel Schmalz in der Stimme von Geoff Rickly. Und auf den Gitarren Schmutz, der in diesem Szenario lächerlich deplatziert wirkt. Verschenkt, wie alles hier. Nicht falsch verstehen. Wenn Rickly singt: “Its time to let go”, meint er damit hoffentlich nicht Thursday. Aber sie müssen schnell die Kurve kriegen, wenn keine selbsterfüllende Prophezeiung daraus werden soll.
5/12 – Dennis Plauk
weitere Platten
Common Existence
VÖ: 13.02.2009
A City By The Light Divided
VÖ: 23.06.2006
War All The Time
VÖ: 26.01.2004
Full Collapse
VÖ: 23.04.2001
Waiting
VÖ: 06.12.1999