Es gibt Kommissionen, die sind so seltsam, dass der Normalo in einem schon mal die imaginären Hände über dem Kopf zusammenschlägt, während die Neugier den echten Zeigefinger zum Play-Button lenkt. Mit “ABC123” legen Stefan Schneider und das Bruderpaar Ronald und Robert Lippok drei Jahre nach ihrem letzten, aufregenden Longplayer “Hotel Morgen” ein Mini-Album (Vinyl- und Digital-Release) von gerade mal 19:51 Minuten vor, dessen Konzept einerseits wenig mit Musik, andererseits viel mit Spontaneität zu tun hat. Um das 50-jährige Bestehen der Schriftart “Helvetica” akustisch zu würdigen, wurde das bestehende Band-Line-up aus Drums, Bass und Analog-Synthesizer auf drei Computer und ein Yamaha-Keyboard (immerhin mit Sample-Funktion) heruntergebrochen. Die verbleibenden Möglichkeiten wurden zudem durch fehlende Synchronisation der Computer erschwert. Spontan sollte etwas “Momentanes” entstehen, nicht gebunden an musikalische Logik, nicht unterstützt durch Automatismen der Maschinen, sondern durch spontanes Aufeinandertreffen und Kommunizieren von Sounds. Dementsprechend klingt “ABC123” direkt, frisch und gleichzeitig betörend nach einer Zeit, als die Musikmaschinen tatsächlich noch nicht miteinander reden konnten. Wollte ich es böse formulieren: Irgendwie schaffen es Düsseldorfer Elektroniker eben doch nie, ihre Überväter abzuschütteln. Ich bin aber nicht böse, mein Finger hat die Platte gerade noch mal gestartet. Sie ist halt a bisserl kurz.
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