Als die Fantastischen 4 Anfang der Neunziger deutsche Rapmusik ins Blickfeld der Öffentlichkeit rückten, suchten die Medien händeringend nach einem kredibilen Gegenpol mit Underground-Renommee. Fast zwangsläufig fiel diese Rolle an Advanced Chemistry-Mann Torch, der fortan bereitwillig vor jeder Kamera darüber referierte, wie der wahre, echte, gute HipHop auszusehen habe. Historisch betrachtet mag ein solcher Mahner notwendig gewesen sein, um HipHop hierzulande auf den richtigen Weg zu bringen, Torch selbst tat sich allerdings keinen großen Gefallen damit, den ewigen Prediger zu geben, denn mit der Zeit wandten sich immer mehr Fans genervt von ihm ab. Nach einigen Jahren Funkstille meldet er sich jetzt solo zurück und in gewisser Weise ist Blauer Samt tatsächlich eine gelungene Überraschung. Denn während immer mehr Rapper ausschließlich auf ihre eigenen Styles abwichsen, spart Torch in seinen Texten nicht an Selbstkritik. Sicher, er hat Fehler gemacht in den vergangenen Jahren, er hat sie eingesehen und er hat dafür bezahlt. Dafür hat er aber jetzt die Erfahrungen und Geschichten, die einem Samy Deluxe beispielsweise noch fehlen. Das Leben schreibt eben die besten Geschichten – und Torch hat sie für sein Album gewissenhaft notiert. Dass seine Beats international konkurrenzfähig sind, muss man wohl nicht extra erwähnen.
weitere Platten
Blauer Samt (Rerelease)
VÖ: 30.09.2011