Der Vorgänger, “Stage Four” (2016), hatte sich trotz seiner Schwere und Dringlichkeit noch fast wie von selbst geschrieben, weil Frontmann Jeremy Bolm darauf seine Trauer über den Tod seiner Mutter zu zerbrechlicher und unmittelbarer Kunst verarbeitete. Für das fünfte Album suchte Bolm lange nach dem einen großen Motiv, bis er sich ohne zufrieden gab und bei verschiedenen Themen landete, auch bei der Zeit nach “Stage Four”. So dreht sich “I’ll Be Your Host” um die zahlreichen Reaktionen der Fans, die ihre Trauergeschichten mit Bolm teilten, und um die Rolle, in die er sich manövriert hatte und die ihn zurück zu seiner eigenen Trauer führte: “I don’t want this role/ I give it up/ But that’s not enough/ I’ll be your host/ I’ll be your host/ Against my will”. Insgesamt sind die Texte der elf Songs auf “Lament”, zu denen auch das bereits vor einem Jahr veröffentlichte “Deflector” zählt, zwar von Zweifeln durchzogen, insgesamt aber hoffnungsvoller als zuletzt. Auch wenn der Tod im Song “Limelight” erneut eine Rolle spielt, weil Bolm unter anderem von seinen verstorbenen Hunden singt. Kurz danach taucht Andy Hull, Sänger der Indierock-Band Manchester Orchestra, den auffälligsten und mit über fünf Minuten längsten Albumsong mit seiner charakteristischen Stimme in eine andere Atmosphäre, unter der Bolm erste leise, dann laut weiter brüllt. Hull habe sich Sorgen gemacht, er hätte den Song mit seinem Gesangsbeitrag für einige Touché-Amoré-Hörer versaut, was natürlich Blödsinn ist, weil die Mischung erstens traumhaft aufgeht und die Band aus Los Angeles schon lange Genregrenzen überschreitet. Allein der weitschweifende Geschmack von Musik- und Vinyl-Nerd Bolm ließe anderes gar nicht zu. Dazu kommt eine Band, in der jeder seine Ideen und Stärken einbringt, in der Gitarrist Nick Steinhardt (Post-)Hardcore-untypische Melodien spielt und Elliot Babin seine vertrackten, rasenden oder eingängigen Kreise am Schlagzeug zieht. Diese einzelnen Elemente brachten Touché Amoré dieses Mal unter der Regie von Produzent Ross Robinson unter einen Hut, was nicht von Beginn an harmonisch verlief, letztlich aber zum aggressiv-kurzen “Exit Row”, zur Punkrock-Hymne mit hallendem Mittelteil “Reminders”, zum balladenartigen, mit Post-Rock-Elementen gespickten, intensiven “A Broadcast” führte – und vor allem zum nicht ganz freiwilligen Versprechen, dass wir weiterhin Gast von Touché Amorés vertonten Emotionen sein dürfen.
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