Trotzdem würgt er Fran Healey nach nur zwei Nummern ab, weil es ihm dann doch zu viel
des Guten wird. Das Ausdrehen von “Driftwood” wird zum finalen Wendepunkt für die
Protagonisten; zum Anlass, den Hintern hochzukriegen, endlich mal nach vorne zu sehen
und einigen Menschen gehörig in den Arsch zu treten. Healeys oft belächelte
Weinerlichkeit als Metapher für Stillstand, Selbstmitleid oder Langeweile ist ein
unfairer Griff in die literarische Trickkiste. Auf der anderen Seite konnte man noch
nie damit angeben, Travis wirklich toll zu finden. Schnell geriet man unter allgemeinen
Harmonieverdacht, wurde von Spöttern in die Schublade der sentimentalen
Tränenverkneifer gesteckt, die auf Konzerten der Schotten wildfremde Leute in den Arm
nehmen. Als mit “12 Memories” auch noch die Songs schlechter wurden, geriet es fast
unmöglich, das blauweiße Fähnchen mit Stolz durch die Luft zu schwenken. “Ode To J.
Smith” soll wieder zur ursprünglichen Rockfrische des Debüts zurückfinden, nachdem
selbst Healey einräumte, der Bandsound sei in den letzten Jahren zu glatt ausgefallen.
Um Verzögerungen durch die bevorstehende Vaterschaftspause des Bassisten Dougie Payne
zu umgehen, musste das komplette Album innerhalb von drei Monaten auf die Beine
gestellt werden. Lästerer könnten entgegenhalten, dass der Kleine nicht mal aufgewacht
wäre, wenn sich Payne ihn einfach umgebunden und mit in den Proberaum geschleppt hätte.
Der Zeitdruck wirkte sich durchaus positiv auf die Arrangements aus: Von überflüssigem
Schnickschnack und übertriebener Weichzeichnerei befreit, kann der spürbar rauere Sound
den ewig süßen Vocals endlich mal wieder Paroli bieten. Kaum ein Song droht aus
Schmalz-Überfrachtung zu kentern, auch wenn das Wasser gelegentlich bedrohlich nah zu
kommen scheint. Ihr vor Jahren gegebenes Versprechen “All I Wanna Do Is Rock” wird
endlich mal wieder eingehalten. Ab und zu können die Schotten dann doch nicht vom
Schwelge-Fass lassen: Beim Finale von “Before You Were Young” zum Beispiel spürt man
plötzlich die sanfte Hand eines Fremden auf der Schulter. Goosen hatte offenbar doch
Recht: Auch Healey hat den Hintern noch mal hoch gekriegt, und damit vermieden,
endgültig in der Versenkung der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Wahrscheinlich hat
er in der letzten Zeit weniger “Driftwood” gehört.
weitere Platten
L.A. Times
VÖ: 12.07.2024
10 Songs
VÖ: 09.10.2020
Everything At Once
VÖ: 29.04.2016
Where You Stand
VÖ: 16.08.2013
The Boy With No Name
VÖ: 04.05.2007
Singles
VÖ: 01.11.2004
12 Memories
VÖ: 13.10.2003
The Invisible Band
VÖ: 11.06.2001
The Man Who
VÖ: 01.01.1999
Good Feeling
VÖ: 01.01.1900