Er singt torkelnd When I set sail on drunken waters, sie stimmt mit glockenklarer Stimme in höchsten Registern ein. Dazu spielen die Musiker einen Trauermarsch mit Bläsern, Geigen und Flöten. “Adieu, England”, das erste Stück, klingt so aus der Zeit gefallen, dass man drei Mal nachschaut, ob es sich nicht vielleicht um ein uraltes Traditional handelt. Tut es aber nicht. Wie schon auf dem grandiosen Debüt “Carbeth” bieten Trembling Bells aus Glasgow (aber mit nordenglischen Wurzeln) hymnische Folksongs. Doch nichts an dieser Musik ist spröde oder konservativ: Bandchef Alex Neilson ist in Großbritannien ein vielbeschäftigter Freejazz-Drummer. Ehrensache, dass er und Sängerin Laviana Blackwall ihre Folk-Version freigeistig interpretieren.
Unterstützung fanden sie beim Produzenten Stevie Jackson von Belle & Sebastian, einem überzeugten Pop-Nostalgiker, der Trembling Bells bei drei Songs einen perfekt sitzenden Indie-Anzug verpasste: “Baby, Lay Your Burden Down” verwandelt sich von einer Folk-Ballade in lupenreinen Sunshine-Pop, das schmissige “Love Made An Outlaw Of My Heart” führt an den Strand, die FunknFolk-Fusion “Ravenna” gar in den Nightclub. Diese Ausnahmesongs sind die Anspieltipps, wenn man schnell einen Weg in diese wunderbare Musik finden möchte. Hat man diesen erst einmal eingeschlagen, gibt es kein Zurück. Alleine, wie die Band im mystischen “September Is The Month Of Death” eine Wall of Sound aus Flöten, Trompeten und Schalmeien aufbaut. Oder wie Laviana Blackwall die königs(un)treue Ballade “Darling” intoniert. Ein Irrtum zu glauben, so etwas gelinge nur Joanna Newsom.
Artverwandte
Fairport Convention – “Liege & Lief”
The Decemberists – “Picaresque”
Alasdair Roberts – “No Earthly Man”
weitere Platten
The Sovereign Self
VÖ: 26.06.2015
The Marble Downs
VÖ: 06.04.2012