Die Blätter sind verschwunden, der Boden ist gefroren und schneebedeckt. Durch das weiße Pulver führt eine Spur zu einem dampfenden Gullideckel, aus dem mysteriöse Klänge emporsteigen. Blechbläser, Piano, weiblicher fragiler Gesang, Gitarre und Schlagzeug. Wüsste man nicht, dass Tu Fawning die Band von 31Knots-Gitarrist Joe Haege und Corrina Repp ist, man könnte glauben, die Band Katzenjammer wäre in Ketten gelegt, mit Valium vollgepumpt und in der Kanalisation weggesperrt worden. Doch vergessen wir die Norwegerinnen schnell wieder, denn Menschen, die Katzenjammer mögen, mögen Tu Fawning nicht. So würden es zumindest all die Online-Netzwerke, bei denen man sich nach ähnlichen Bands umhören kann, vermutlich ausspucken. Doch bei Tu Fawning greifen die dort üblichen Charakteristika kaum.
2008 veröffentlichen Haege und Rapp, die schon mehrfach zusammengearbeitet haben, über Polyvinyl die Secession EP. Im Anschluss daran werden die Langzeit-Aushilfen Liza Rietz und Toussaint Perrault zu vollwertigen Bandmitgliedern. Nicht erst als Quartett klingen Tu Fawning unheimlich und zugleich fürsorglich, eiskalt und exotisch. Ihre verspielte Ernsthaftigkeit und Abstraktheit lässt sich nur schwer fassen. Die Drehorgel auf dem Jahrmarkt berichtet von einer Sad Story, die einige Hinterhalte nahe legt, das liebevolle Apples And Oranges könnte im melancholischen Märchenland spielen. An manchen Stellen trägt das Debütalbum der Multiinstrumentalisten etwas zu dick auf: anstrengendes Tribal-Drumming, eine Prise zu viel Vampire-Weekend-Glamour und verspielte Beklemmung. An einigen der zehn Songs schrieb Haege schon vor längerer Zeit, allein. Für ihr Debütalbum Hearts On Hold haben Tu Fawning diese Songs bewusst mehrmals durch den Kreativwolf gedreht. Hilfe holten sie sich unter anderem bei den ebenfalls in Portland beheimateten Freunden von Menomena, mit denen Haege zuletzt als Tour-Gitarrist unterwegs war. So nahmen Tu Fawning die Piano-Parts in Menomenas Studio auf. Auch dort galt die Prämisse, nicht gewöhnlich klingen zu wollen, nicht nach den anderen Bands der Mitglieder.
In der guten Dreiviertelstunde von Hearts On Hold lassen sich nun all die verschiedenen musikalischen Vorlieben der Band wieder finden. Jazz, 60er Jahre, Trip-Hop, afrikanische Rhythmen, Folk, Psychedelic – manchmal sind es einfach zu viele Zutaten, die gemeinsam unbedingt mehr sein wollen, als nur spannend und genießbar. Sie sind es. Das macht sie aber nicht gerade bekömmlicher.
Anspieltipps Apples And Oranges | The Felt Sense | I Know You Now
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A Monument
VÖ: 04.05.2012