Nach ihrem Debüt “Flamingo” wurden Turbostaat oftmals als Nachahmer von Dackelblut abgetan. Auch mit ihrem Zweitwerk gelingt es ihnen nicht so recht, aus diesem Schatten herauszutreten – aber hey, es gibt wahrlich schlechtere Vorbilder. Vor allem der Gesang erinnert weiterhin extrem an Jens Rachut, zumindest inhaltlich eifern Turbostaat aber nicht dessen aktueller Band Oma Hans nach, sondern setzen ganz eigene Akzente. Und leicht machen sie es sich (und dem Hörer) dabei nicht unbedingt. Songs wie “Holland in Not” (“Verdammt, er schaut Kinderleichen an, mit 20 schon verrottet…”), “M – Eine Stadt sucht ihren Mörder” oder “Schwan” verbreiten nicht gerade unbeschwerte Fröhlichkeit. Im Info werden die Texte als “fast schon poetisch” bezeichnet, und das kann man ohne Abstriche so stehen lassen. Denn hier gelingt das schwierige Unterfangen, genügend Freiraum für eigene Interpretationen zu lassen, ohne dabei zu kryptisch und selbstverliebt zu formulieren. Damit besetzen sie dann doch ihre eigene Nische, denn viele andere deutschsprachige Bands neigen in dieser Hinsicht zu Extremen: Entweder sind sie schlicht nicht in der Lage, einen intelligenten Song mit Sinngehalt zu verfassen, oder aber sie inszenieren sich betont intellektuell und schießen damit weit über das Ziel hinaus. Für Turbostaat gilt weder das Eine noch das Andere – und damit stehen sie in einer Reihe mit Bands wie eben Dackelblut, Boxhamsters oder auch Mutter. Dass die Nordlichter auch musikalisch überzeugen können, macht diesen melancholischen Spaß perfekt, denn Songs wie “Holland in Not”, “Monstermutter” oder “Prima Wetter” wird man so schnell nicht wieder los. Schade nur, dass die Zielgruppe für Bands wie Turbostaat hierzulande äußerst überschaubar ist: Die breite Masse wird weiterhin eher “Zehn kleine Jägermeister” grölen…
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