Einzeln funktionieren die Stücke auf “Uppers” nur halb so gut und vermitteln fast ein falsches Bild. Geht man nach den ersten vier Songs, passt der Vergleich mit den Landsleuten von Idles nämlich wie Arsch auf Eimer. Der Opener “The Big Curve” ist mit einem Motorik-Beat und scharfkantigen Wire-Gitarren unterlegt, über die Sänger Charlie Drinkwater herrlich krumm keif-singt. Diese Formel behält das Quartett bei bis zum ersten offensichtlichen Bruch, dem verhallt-fragmentierten Instrumental “History Week”. Danach aber belohnen TV Priest alle, die der Streamingdienst-Konditionierung Marke “Drei Songs und dann die nächste Platte” widerstehen. Wenn man die Augen ein bisschen zusammenkneift, hört man etwa im Refrain von “Slideshow” die Schwermut der Editors durchscheinen, inklusive dichter Gitarrenwände satt. Mit “Fathers & Sons” rutscht die Band stärker in Richtung stampfenden UK-Indie, auf “This Island” werfen TV Priest schwülstige 80er-Synthies in den Mix und “The Saintless” klingt verdächtig nach 90er Alternative-Indie. Dass die Band sich beim Ablegen des Post-Punk-Einteilers nicht verheddert, ist ein kleines Wunder – und ein Beweis dafür, dass ein gut arrangiertes Album immer noch besser funktioniert als jede Single dieser Welt.
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My Other People
VÖ: 17.06.2022