“Jeg bor her jo bare” heißt der Song, der auf “Kilogram” als Test fungiert. Google Translate übersetzt den Titel mit “Ich lebe nur hier” und macht damit einen Interpretationsraum auf, der bis zu Tocotronics “Aber hier, leben? Nein, danke!” reicht. Nur gehen es Tvivler viel ungemütlicher an als die Hamburger Schüler. Ihr Trick: Nach 45 Sekunden des Songs verstummt die Musik und Sänger Thomas Burø brüllt seine grenzenlose Unzufriedenheit heraus. Plötzlich klingt am ach so niedlichen Dänisch gar nichts mehr hygge, denn Bure geht einem direkt an die Kehle, bis nach 30 Sekunden die Band mit brutalem Geknüppel einsteigt und der Sänger endgültig am Rad dreht. Wer diesen Song so brillant findet, wie er ist, der sollte sich dringend mit den anderen acht auf dem Album beschäftigen. Kaum auszudenken, sollten Tvivler ihr nächstes Album mit Steve Albini aufnehmen – das würde Lautsprecher kosten, denn “Kilogram” ist ein Album, das man mit jedem weiteren Song lauter dreht. Diesmal haben nur Scott Evans (Kowloon Walled City) gemixt und Brad Boatright (From Ashes Rise) gemastert – der Sound ist trotzdem knochentrocken und brutal direkt. Tvivler fangen mit ihm jene Kakophonie ein, die einem beim Doom-Scrolling auf dem Handy schwindlig werden lässt, und ziehen daraus mehr Energie als ein Off-Shore-Windpark.
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Ego
VÖ: 03.04.2020