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    Tyler, The Creator
    Goblin

    VÖ: 06.05.2011 | Label: XL Recordings
    Text: Daniel Gerhardt
    Tyler, The Creator - Goblin

    Tyler The Creator ist Eminem, bevor er im eigenen Geldspeicher schwimmen konnte, Amerikas neuer Antichrist Superstar und der Frontmann einer Dischord-Hardcore-Band, die noch gegründet werden muss.

    Der größte Tag in seinem Leben ist aber der gewesen, an dem seine Mutter ein Modem gekauft hat. Seitdem ist Tyler nicht mehr offline gewesen; die Psychotherapeuten und Sozialpädagogen, die in einigen Jahren seinen Selbstmord aufarbeiten werden, werden ihn als Kind des digitalen Zeitalters bezeichnen. Journalisten, die ihn treffen, verteufelt Tyler schon auf Twitter, bevor die überhaupt ihr Interview abgehört haben, Bilder von seinen Liveshows lädt er zwischen zwei Tracks bei Flickr hoch, und auch auf Goblin, der ersten Odd-Future-Platte, die nicht direkt nach ihrer Fertigstellung ans Internet verschenkt wurde, wird die Realität von sich selbst überholt. Im ersten Stück, einer siebenminütigen trost- und tageslichtslosen Neurosennummer, beschäftigt sich Tyler mit dem Erfolg, den sein Album erst noch haben wird; seine Single Yonkers verteufelt er als den Track, mit dem die ganze Scheiße losging, obwohl der fantastische Hit ohne Hiteigenschaften auf Goblin direkt danach kommt. Hier und auch in ihren meisten anderen Ecken ist die Platte verbissen und unversöhnlich – der kunstvoll genervte Clown, als der sich Tyler bis vor kurzem noch inszeniert hatte, kommt höchstens in Transylvania durch, einem Stück über Draculas gebisstechnische Probleme beim Oralsex, das trotz aller Anleihen an alte Vampirfilm-Musik weniger mit Nosferatu als mit Graf Zahl aus der Sesamstraße zu tun hat. Wie schon sein Vorgänger Bastard ist Goblin lose als Gespräch zwischen Tyler und seinem Therapeuten angelegt, der sich später wiederum als einziges vernunftbegabtes Achtel von Tylers gespaltener Persönlichkeit entpuppt. Auf Grundlage dieser Konstellation und zerpflückter, meistens bis zur Hässlichkeit verzerrter Synthie-Beats wird dann abserviert und abgeschlachtet, was nicht bei drei von einer besorgten Mutter weggesperrt wurde: Besonders hervor tun sich dabei die blechernen Fanfaren der Alptraum-Dehnübung Sandwitches und das letzte Halbstarken-Hurra aus Radicals, das nach seiner „Kill people, burn shit, fuck school“-Hookline in ein erstaunlich lauwarmes Abklingbecken gesetzt wird. Tyler erholt sich und schießt am Ende die anderen Odd-Future-Strolche über den Haufen – er bleibt alleine übrig auf einer Platte, die sich als erstklassige Kindermusik und ihren Schöpfer als widersprüchliche, unausstehliche, mitleiderregende und sogar selbstreflexive Kunstfigur in Position bringt. In ihr stecken der Teufel, das letzte Einhorn und der Rapper des Jahres. Tyler ist alles, je nach Sekundenform.
    anspieltipps Yonkers | Sandwitches | Golden

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