Ulver-Fan zu sein erfordert Offenheit und Neugier. Nichts, was sich die Norweger für ein Album überlegen, bleibt bis zum nächsten bestehen. Vom Black Metal der frühen Jahre über Ambient, TripHop, Jazz und Postrock haben sich Ulver so ziemlich allem hingegeben, was kreative Entfaltung versprach. Der Kopfsprung in die klassische Form reißt gleich noch die Genres Serielle Musik, Krautrock und New Romantics mit in den Abgrund. Die Art, in der “As Syrians Pour In, Lebanon Grapples With Ghosts Of A Bloody Past” einem die ganze Tragödie der Welt in schwer zu beschreibenden, schönen Harmonien um die Ohren haut, ist eine ähnlich tiefgehende Erfahrung wie das erste Hören von Henryk Goreckis dritter Symphonie, die hier Pate gestanden hat. Die bedrückende geschichtliche Parallele entsteht in der atmosphärischen Anlehnung an den zweiten Satz, den Gorecki nach einem Gebet betitelte, das 1944 jemand an eine Zellenwand im Gestapo-Hauptquartier in Zakopane schrieb. Ausgehend von diesem assoziativen Moment entfalten Ulver einen fast unerträglich düsteren Bilderbogen, dessen Wärme man sich dennoch nicht entziehen kann. Das pulsierende “Shri Schneider” lässt sanfte Kraftwerk- oder wahlweise John-Carpenter-Sequenzer die Richtung weisen, und hier und da wird der Orchesterkörper zur Dialeinwand, auf der Impressionen von Jean Michel Jarres Synthie-Shows aufflackern. Ein Album wie dieses will nicht verstanden werden, und Ulver sind nicht auf Nachvollziehbarkeit angewiesen. Diese Haltung macht ihre Musik zur Kunst.
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