Darf man einem 21jährigen das Recht absprechen, sich für sein Debütalbum einen bulgarischen Frauenchor, ein 18köpfiges Orchester und ein paar Mönche ins Studio zu karren? Nö. Aber man darf sich darüber wundern. Jon Crosby wuchs in einem kalifornischen Pissnest auf und hatte so alle Zeit der Welt, seine Songgebilde minutiös zu strukturieren und zu arrangieren, ohne daß irgendwelche Nervköpfe aus dem Proberaum nebenan hereintrampelten und blökten: Hey, das hast du bei Pink Floyd geklaut. Der Gesangspart ist von Chris Cornell. Das haben Ministry schon gemacht…” So konnte ein aufwendiges, biblisches Pathos entstehen, Dramatik und Dynamik, eine Melancholie, die sich dem Spott der Sunset Strip-Gitarrenklone entzieht. Ein durch und durch unamerikanisches Album, obwohl es etliche Puzzleteile aus dem US-Regal zusammensetzt. Ich rechne mal vorsichtshalber damit, daß Crosby schon bei der zweiten Platte abdreht und a) Experimentalwichs einspielt, b) meint, er könnte jetzt locker-flockig RocknRoll machen, oder c) sich, äh, auflöst. Schön, wieder mal ein Album zu hören, dem der Haß der geistig und künstlerisch uniformierten Punkrock-Spießer gewiß ist.
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Music For People
VÖ: 18.09.2000