Aber vermutlich hatte die Band aus Chicago zum Zeitpunkt des Memos sowieso gerade Kopfhörer auf, hörte Freejazz und dachte sich dabei: “Das können wir auch!” Seitdem machen Volcano! Musik, bei der sich tatsächlich wiederholt die Frage stellt, ob die Akteure beim Einspielen den gleichen Titel im Kopf haben – oder was überhaupt in ihnen vorgeht. Nehmen wir exemplarisch den “Piñata”-Track “So Many Lemons”: Schlagzeuger Sam Scranton unterbricht seinen Stolperbeat regelmäßig mit Freestyle-Trommeleinlagen, während Frontanarchist Aaron With zunächst scheinbar willkürlich die Gitarrensaiten bearbeitet, bevor er ein bisschen Afropop improvisiert. Dazu sinniert er lautstark und schräg, lässt seine Stimmbänder Loopings wie bei Matt Bellamy schlagen und täuscht mittendrin einen hysterischen Heulanfall vor. Bassist und Keyboarder Mark Cartwright bratzt und sirrt noch ein paar Mal dazwischen – und fertig ist der Song. Im Klartext heißt das: Hyperaktivität und Unberechenbarkeit sind im Hause von Volcano! Methode, Dissonanz und Polyrhythmik wichtige Zutaten in den akustischen Eruptionen der freigeistigen Band. Aber Überraschung: Was über weite Strecken arg zerfranst und strapaziös wirkt, entfaltet stellenweise einen schrägen Pop-Appeal. Am Ende zaubern Volcano! mit “Supply And Demand” und “Long Gone” sogar zwei verkappte Tanznummern aus dem Hut. Die müssen es zwar mit kurzfristigen Tempowechseln und Withs stimmlichen Kapriolen aufnehmen. Aber immerhin.
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