War From A Harlots Mouth
Voyeur
Text: Oliver Uschmann
Man stelle sich vor, das gäbe es. Ein Land, in dem die Double Bass so normal ist wie der HipHop-Beat aus der Konserve. In dem es üblich ist, zu schreien statt zu singen. In dem die Menschen beim Autofahren zwischen den Nachrichten statt Strophe-Refrain-Strophe-Bridge mindestens vier verschiedene Songteile erwarten, Gas gebend und abbremsend wie ein Psychopath, der um drei Uhr nachts einen Lamborghini gestohlen hat. In so einem Land wären War From A Harlots Mouth in heavy rotation, doch es ist schwer zu sagen, mit welchem Stück. “Voyeur” ist irrwitzig technisch, bis zum Anschlag aggressiv und eine unterhaltsame Sache für Leute, die Taktwechsel zählen oder einen Soundtrack dafür brauchen, sich immerfort mit der Faust auf den linken Arm zu schlagen. Es ist aber auch – im Rahmen seiner Welt – recht beliebig. Man ertappt sich dabei, vor allem die finsteren, kammermusikartigen Interludes gut zu finden, die pechschwarzen Verschnaufpausen, bevor wieder das hysterische Monster um die Ecke biegt, das bei der Jagd auf einen sogar durch die Wände hindurch brechen kann. Wenn War From A Harlots Mouth wie in “Krycek” abbremsen, doomiger werden, ein wenig abgehangener spielen, verflüchtigt sich die bombastische Beliebigkeit, doch es dauert nicht lange, da bricht die Hölle wieder los. “Voyeur” im Speziellen und schwarzer Mathmetal im Allgemeinen haben das gleiche Problem wie “Resident Evil 6” im Videospielbereich. Es knallt und knistert hektisch und heillos und ohne Unterlass, aber der Horror der Stille, der den Schrecken erst intensiv macht, fehlt.