Das Debütalbum der 2010 in Baltimore/Maryland gegründeten Band sticht auch im Szenekontext heraus: Im Vergleich zu Veteraninnen wie Sleater-Kinney klingen War On Women frischer und zorniger, ihre Texte sind fordernder als der hedonistische Feminismus von White Lung, ihr Sound ist anders, aber nicht weniger heavy als die wüsten Hardcore-Quickies von Punch. Zudem klingt das Quintett deutlich vielfältiger als etwa der straighte Punkrock von Rvivr. In deren Video zu “Goodbyes” waren War On Women kürzlich zu Gast, gemeinsam mit Propagandhi, die die Band zuvor mit auf Tour genommen hatten.
Kein Wunder: War On Womens von Hardcore und Metal gefärbter Mix aus Thrash Rock und Riot-Grrrl-Punk ähnelt dem Sound der Kanadier, und auch bei der politischen Überzeugung herrscht Einigkeit. Die beginnt bei War On Women mit dem Bandnamen, der eine Reihe von US-Gesetzen bezeichnet, die das Recht auf Selbstbestimmung von Frauen beschneiden oder sie diskriminieren. Song für Song geht die Band auf War on Women gegen solche Missstände an, und ruft gleichzeitig zu Selbstermächtigung und Solidarität auf: “Meathead” und “Say It” spucken vor dem “Victim Blaming in Vergewaltigungsfällen aus – die wütenden Groupshouts “Say It!/ Say It!/ ‘I Was Raped’” zu dissonant sägenden Gitarren sprechen Bände –, “Glass City” trommelt mit rasendem Propagandhi-Punk-Metal gegen ungleiche Bezahlung, und “YouTube Comments” legt mit echten Social-Media-Zitaten gegenüber der Band den misogynen Hass im Internet offen.
War On Women haben aber nicht nur Haltung, sie haben auch die passende Bildung: “Servilia” nimmt die Geliebte Cäsars als Aufhänger für Kritik am Patriarchat, der Schrei “Give us the pill” und das schrill gekreischte “I had an abortion!” in “Roe V. World” sind Kommentare zum entsprechenden Gerichtsurteil über Abtreibung und Verhütung. “Second Wave Goodbye” wiederum grenzt sich zu einer an Beatsteaks‘ “Let Me In” erinnernden Hookline deutlich von mütterlich agierenden, männerhassenden 70er-Feministinnen ab, und im finalen Epos “Diana La Cazadora” – in dem die römische Göttin der Jagd und Beschützerin der Frauen den Einwohnerinnen der mexikanischen Stadt Ciudad Juárez an der US-Grenze Mut machen soll, die seit Jahrzehnten eine Serie willkürlicher Morde und Misshandlungen erleiden – verbindet die Band virtuos weibliche mit ökonomisch-sozialer Solidarität. Laura Jane Grace von Against Me! ist schon Fan; jede/jeder andere mit Herz, Verstand und Ohren sollte es werden.