Natürlich streitet das Quintett aus Baltimore, Maryland mit seinem metalfizierten Hardcore-Punk noch immer leidenschaftlich für Geschlechtergerechtigkeit. Gleich der Opener “Aqua Tofana” macht keine Gefangenen: Ein heftiges Thrash-Hardcore-Unwetter geht auf den Hörer nieder, schon nach 20 Sekunden brüllen Sängerin Shawna Potter und ihre Gang mit “Time’s up!” den ersten feministischen Slogan heraus, im Text entledigen sich Frauen mit dem titelgebenden historischen Gift ihrer unbelehrbaren Männer. “Kill him!” lautet das kathartische Mantra, in das sich Potter am Ende manisch hineinsteigert – eine herausragende Frustabfuhr, die eben nicht alle Männer meint, sondern nur die toxischen. Genauso unmissverständlich fällt die dissonant sägende Hardcore-Attacke “Her?” aus, in der Potter in bitterem Zorn all die Nicht-Argumente gegen Frauen in Führungspositionen ausspuckt und dann mit einer Liste starker Politikerinnen und Frauenrechtlerinnen kontert.
Die Band nimmt aber auch anders Marginalisierte in den Blick: “This Stolen Land” prangert – eingeleitet von einem absaufenden Kinderchor-Sample von Woody Guthries Amerika-Hymne “This Land Is Your Land” – die Bigotterie einer auf indigenem Blut errichteten und Migranten einsperrenden Nation in den Blick, denn: “No one’s illegal on this stolen land”. Und das nur kurz an den all-amerikanischen 16:9-Punkrock von Green Day erinnernde “White Lies” kotzt sich über den verlogenen Rassismus der Weißen aus; auf dem Höhepunkt karikiert Potter mit der sarkastisch intonierten Zeile “We politely request you get your boots off our necks” die aberwitzige Forderung, Rassismus-Opfer mögen ihre Beschwerden doch bitte leise und höflich vortragen. Dass War On Women zwar vor ihrer Haustür kehren, aber immer die ganze Welt meinen, belegt “In Your Path”, eine angenehm überdrehte Riot-Grrrl-Hardcore-Adaption einer chilenischen Anti-Vergewaltigungs-Hymne mit weiblichem Background.
Auch musikalisch wagt sich die Band vor: der Meshuggah-artige 7/8-Takt von “Big Words”, Potters packender Melodiegesang, insbesondere im sich sechs Minuten aufbäumenden, hochemotionalen Alternative-Rock-Monster “Demon”, die starken Gitarrensoli sowie rhythmischen Verschiebungen und Akzente – alles klingt progressiver, dehnt den Hardcore-Kosmos. Vor allem aber ist “Wonderful Hell” eine Platte, die Momente der Schwäche offenbart, in “Big Words” ganz persönlich von einer gekippten Beziehung erzählt, sich im Titeltrack selbst eine Mitschuld an den politischen Verhältnissen gibt, in “The Ash Is Not The End” im Angesicht der zehrenden Kämpfe gar vor dem Kollaps zu stehen scheint. Doch all diese Momente münden in Aufforderungen, sich wieder vom Boden aufzusammeln und umso energischer weiterzumachen – “If you want it then you’re gonna have to build it yourself” heißt es an einer Stelle, “Let’s raise some wonderful, beautiful hell/ And make this world worth living in” an anderer. Wer die unbändige, positive Energie von “Wonderful Hell” gespürt hat, wird mit War On Women mitkämpfen.