Ähnlich wie die Strokes werden die White Stripes momentan gerne als Retter des RocknRoll gepriesen. Dabei ist es doch “nur” dreckiger Blues mit viel Herzblut. Nun, ganz so hip wie die Strokes sind sie nicht, aber warum soll man diese beiden Bands eigentlich überhaupt direkt miteinander vergleichen? Statt eines Quintetts ist dies hier ein Geschwisterpaar, statt aus dem Big Apple stammen Jack White (Gitarre, Piano und Gesang) und seine Schwester Meg (Schlagzeug) aus Detroit Rock City, und statt Velvet Underground passen hier eher Referenzpunkte wie Shockabilly und Jon Spencer, Speedball Baby und The Jesus Lizard, manchmal bis zu einem gewissen Grad sogar Giganten wie The Kinks und Led Zeppelin, allerdings ohne jeglichen Bombast. Trashiger Rockabilly und staubiger Country sind da eher willkommene Zutaten für das dreckige WS-Blues-Gebräu. Nach dem selbstbetitelten Debüt von 1999 und “De Stijl” (2000) ist “White Blood Cells” bereits das dritte Album, und das vierte wird sicherlich nicht lange auf sich warten lassen. Im Gegensatz zu den New Yorker Perfektionisten unterwerfen sich die White Stripes beim Songwriting nämlich nicht ganz so strengen Qualitätsmaßstäben, d.h. es darf auch mal ein nur okayer Track den Platz zwischen zwei Highlights füllen. Aber solange genug Perlen vom Schlage des rifflastigen Openers “Dead Leaves & The Dirty Ground” und der wild überdrehten Sixties-PunknRoll-Nummer “Fell In Love With A Girl” oder der in Richtung Verzweiflung wabernden Emotions-Orgie “The Union Forever” im Repertoire zu finden sind, will ich nun wirklich nicht klagen. Und das alles ohne Bass…
10/12
Wir waren schlecht. Ganz eindeutig und aus vielen Gründen. Das fing beim Namen an (A Horse Called Horst), erstreckte sich über unsere kaum verhandenen technischen Fertigkeiten und hörte beim oftmals desolaten Zustand beim Proben auf. Tight waren die anderen, wir waren laut. Und oft betrunken. Das Gemeine: Trotzdem hat uns nie jemand entdeckt. Und wenn man doch mal jemanden auf dem Flur des Übungsraum-Bunkers getroffen hat, hat der nur mitleidig gegrinst. Womit wir bei den White Stripes wären. Die sind auch mies. Meg White klingt, als würde sie zum ersten Mal in ihrem Leben am Schlagzeug sitzen und drischt, wohl mit dem Mut der Verzweiflung, auf ihre Drums ein, als könnte sich nicht erwarten, den Unfug endlich zu beenden. Bruder, Gitarrist und Sänger Jack schrammelt sich schwammig durchs gesammelte Riffraff-Repertoire der 60er und 70er Jahre, und singt, als habe er sich beim Mut antrinken schlichtweg übernommen. Wenn man sich auf krachenden Retro/Rockabilly/Punk/Rock im Stile der Hives (“Fell In Love With A Girl”) konzentriert, geht das völlig in Ordnung – ja, muss das sogar so sein. Wenn Jack aber anfängt, holpernde Sabbath/Zeppelin-Riffs (“Expecting”) aus seiner Klampfe zu würgen und Meg dazu auf ihr Set trümmert, dann weiß ich wieder, warum wir uns damals getrennt haben.
4/12 Maik Koltermann
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