Willis Earl Beal
Acousmatic Sorcery
Text: Markus Hockenbrink
Die meisten Leute versuchen es erst als Musiker und, wenn das dann nicht klappt, beim X-Factor. Willis Earl Beal macht es genau andersrum und damit genau richtig. Eigentlich hätte er Flavor Flav sein wollen oder Master P, sagt er, aber das geht ja jetzt nicht mehr. Wenn man sich einmal für Indie entscheidet, “they make you fuck with a guitar.” Beal hat eine ziemlich genaue Ahnung davon, wie das so läuft im Geschäft und wie man sich ins Gespräch bringt. Seine Heimatstadt Chicago tapezierte er mit Flyern, auf denen er diverse kreative Dienstleistungen anbot, jetzt, wo er für die Bühne gewonnen wurde, hört er auf, den Ahnungslosen zu spielen. Niemand weiß, wo Beal das Tonband her hat, das im Hintergrund seiner schrottigen Homerecordings läuft, oder ob es ihm ernst ist mit seinem kaputten Geschrei. Manchmal klingt er wie ein Gospelprediger mit Hirnhautentzündung, manchmal wie einer dieser Outsider-Artists, die ein Leben lang nicht vor die Tür gehen. Sein Talent ist aber echt. “I dont consider me blessed/ I dont consider me cursed/ In this chaotic mess/ I know it could be worse”, knarzt er, sein Lächeln ein Zähnefletschen. Unter der schorfigen Oberfläche haben etliche seiner angetäuscht dilettantischen Songs allerdings ein schlagendes Herz, das gerne poetisch tut. Das Wortgelee von Bob Dylan hat es ihm angetan, und in diesem Idiom ist vom Horror-MC bis zum Gossencasanova so manche Rolle zu finden. Wenn man Glück hat, nimmt Beal sogar seinen Zahnstocher raus und klimpert damit über die Saiten.