Vielleicht ist es eine Art unbewusste Suche nach Menschlichem in der Musik, nach Fehlern, Ungenauigkeiten und Beweisen, wegen der jemand die Musik erzeugt, die eine derart sequenzierte Platte wie “Replicant” monströs erscheinen lässt. Christopher Tignor und sein kongenialer Partner, Perkussionist Theo Metz, stehen als Wires Under Tension einer kleinen Armee von Sequenzern und Software-Instrumenten gegenüber, die erbarmungslos Form und Ablauf von sieben halsbrecherischen Kompositionen vorgeben. Tignors Herangehensweise speist sich hierbei sowohl aus Ideen der frühen elektro-akustischen Minimal Music, als auch aus den Überlegungen des Urvaters mechanischer Musik: Conlon Nancarrow. Dieser begann in den 40ern nur noch für das Player Piano zu schreiben, eine Klavierapparatur, die sich selbst spielt, weil er die Unzulänglichkeiten menschlicher Interpreten eliminieren wollte. Eine so akademische Philosophie könnte im Desaster enden, hätte Tignor nicht ein ausgesprochenes Pop-Gen, das sich in jedem seiner instrumentalen Tracks vehement Bahn bricht. Sicherlich versprühen Wires Under Tension mit ihren automatisierten Strukturen nicht gerade Charme, doch der stünde all der Perfektion auch nur im Weg. Man muss sich “Replicant” stattdessen als Musik eines Google-Programmierers vorstellen, der früher mal persönlicher Assistent von Minimal-Music-Vordenkern wie LaMonte Young und Philip Glass war, aber abends auch am Mischpult im New Yorker Punkclub CBGB gearbeitet hat. Das ist keine Aneinanderreihung von Assoziationen, sondern ein Auszug aus Tignors Biografie.