Die von den fünf Briten vehement beschworenen Veränderungen in Sound und Inhalt auf ihrem dritten Album können den Emo auch nicht retten. Es erkennt sie ohnehin nur, wer die Vorgänger bis zur letzten Zeile mitsingen kann und sich gern über Definitionsfragen von Subgenres streitet. Dass ihr poppiger Emopunk auf “Sinners Never Sleep” Schreiattacken, Radioballaden und Sechsminüter zulässt, mag für You Me At Six eine Riesensache sein. Jedem, der The Used nicht für die Erfinder des Genres hält, dürfte es hingegen egal sein. Oder ziemlich auf die Nerven gehen. Denn wenn die Frontmänner von Bring Me The Horizon und Parkway Drive hier und da ins Mikro brüllen, zeigt das vielleicht schubladenübergreifende und transkontinentale Verbundenheit, ist aber ansonsten schlichtweg überflüssig. Und wenn ein Song nicht von einem Riff, sondern wie in Loverboy von einer Gesangsmelodie getragen wird, ist das zwar – im Gegensatz zu den pathetischen Alternativeballaden – nett anzuhören. Doch die angepriesene Grenzüberschreitung ist es nicht. Ein Ass glauben You Me At Six trotzdem noch im Ärmel zu haben: Authentizität. Letztendlich hinterlässt das peinliche Gerede von “Ehrlichkeit” und “Tiefgründigkeit” auf “Sinners Never Sleep” aber nur den ernüchternden Eindruck einer von Neonfarben verblendeten Musikrichtung. “Warum sollte man gedanken- und seelenlosen, radiofreundlichen Mist schreiben?”, fragt Sänger Josh Franceschi und meint damit jeden – nur nicht sich selbst. Es wird Zeit, dass die neue Hardcorewelle England erreicht und ein paar Köpfe wäscht.
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