Erst im siebten Song Veka darf ein Tanzbeat im Hintergrund pulsieren, während die gefesselte Tänzerin ihre Haare überm Mikrofon ausbreitet und Sätze wie “We’ll find you” als düstere Bedrohung singt. Von den Ketten, die uns an Leben und Tod, Körper und Geist, Krankheiten, Menschen, Geburtsrechte und Pflichten binden, handelt Okovi, mit dem Zola Jesus eine ganze Reihe von Schicksalsschlägen in epischer Form hinterfragt, statt sie einfach nur zu verarbeiten. Die kühle Elektronik der letzten Jahre ist der heißkalten Romantik von früher gewichen, in der Industrialsounds auf Celloklänge treffen, um Zola Jesus’ gewaltige Stimme auch ohne Gewummer durch die Nacht zu tragen. Immer wieder taucht sie minutenlang ab, um nur leises Pochen und dunkle Synthieatmosphäre zu hinterlassen; dann wühlt sie sich umso erleichterter wieder an die Oberfläche und erzählt etwa in Soak die Geschichte eines Mordopfers, das den eigenen Tod zum Suizid erklärt, um wenigstens selbstbestimmt gestorben zu sein: “Take me to the water.” Traurig klingt das nicht, dafür umso schöner, und weniger nach Exorzismus als nach zartem Herantasten an die Dämonen, die das Album bewohnen: “Give what I take but it never feels enough/ So I give nothing instead/ I give nothing instead.” Okovi überlegt in solchen Momenten eher, als dass es ansagt, es tut gar nicht erst so, als gäbe es einfache Antworten, und findet genau darin seine Romantik. Wenn einen die Fußfesseln binden, kann man die Arme trotzdem weit ausbreiten.