Programm auf dem siebten Album der Berliner Deutschpunks sind – wenig überraschend – die Dinge, die Joshi, Arne, Eike und Matthias hassen, und jene, die sie lieben. Sie hassen den “Scheißtyp” und den “Hipster”, den aluhuttragende Schwurbler:innen in “Beratungsresistent”: „Ich hasse wirklich jeden einzelnen von euch/ Eure beschissene Dummheit/ Eure Menschenfeindlichkeit!“ Zurecht erzürnt die Band ein Angriffskrieg, der mitten in Europa wütet und fassungslos macht, um den es in “Himmel” geht.
Doch schon seit langem prangern die Punks nicht bloß Missstände an, sondern zeigen auch auf, was gut läuft, und zollen in “Tränen, Schweiß, Blut” jenen Menschen Respekt, die sich allen Widrigkeiten zum Trotz für die gute Sache einsetzen, auch wenn sie dafür womöglich auf Fahndungsplakaten landen. Mit “Hass/Liebe” gehen ZSK einen weiteren Schritt Richtung druckvoller Breitwandpunkrock mit linker Attitüde, der trotzdem zum Feiern einlädt. “Ich liebe dieses Leben”, “Neuanfang” oder “Glück” strotzen vor Optimismus. Das gerät mit Zeilen wie “Ich liebe dieses Leben, auch wenn’s nicht immer fair zu mir ist” oder “Ich wünsch, das Wochenende wär’ schon da/ 365 Tage im Jahr” zwar manchmal etwas platt, ist aber zumeist ansteckend und nicht nur im Moshpit tanzbar.
Ein Verdienst, das ZSK in den vergangenen Jahren seit ihrer Reunion 2011 hoch anzurechnen ist: Früher spuckte die Band regelmäßig Feuer, Gift und Galle, seit “Herz für die Sache” (2013) oder spätestens seit “Hallo Hoffnung” (2018) ist die Hand zwar öfter zur Faust geballt, vor allem wenn es gegen Nazis geht, aber auch mal ausgestreckt. Darin ähneln ZSK amerikanischen Mitstreitern wie Anti-Flag und Rise Against: Sie bereiten politische und gesellschaftliche Themen in zeitgenössischem und eingängigem Punkrock auf, vermitteln so ein Bewusstsein dafür und zeigen, dass es auch in schwierigen Zeiten keine Lösung sein kann, den Kopf in den Sand zu stecken.
Dass die Band dabei insbesondere durch Skatepunk à la Burning Heart und Fat Wreck geprägt ist (die Domain skatepunks.de führt immer noch zu ZSKs Homepage), beweist sie auch in ihrem 25. Jahr mit entsprechenden Riffs in “Neuanfang” oder “Stärker als die Angst”. Dem gegenüber stehen der angepisste Pop-Song “Scheißtyp” oder das Ska- und Reggae-induzierte Glück, die ZSK von ihrer experimentierfreudigen Seite zeigen. “Hass/Liebe” ist gleichermaßen Soundtrack zur Demo, zur Bierdusche und zum Weitermachen – und zeigt eine Band, die sich in ihrer Rolle spürbar wohl fühlt.
Das steckt drin: Anti-Flag, Radio Havanna, Rise Against
weitere Platten
Ende der Welt
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Hallo Hoffnung
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Herz für die Sache
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Discontent Hearts And Gasoline
VÖ: 28.04.2006
From Protest To Resistance
VÖ: 27.09.2004
Riot Radio
VÖ: 01.01.1900