Architects
For Those That Wish To Exist
Text: Sebastian Berlich
Zuletzt justieren Architects ihren Stil vor zehn Jahren, die Zeichen stehen da auf Leichtigkeit: weniger Druck in der Produktion, mehr Melodien im Songwriting, Balladen und Synthesizer sind probeweise okay. Schon das nächste Album verdichtet den technischen Metalcore wieder, elektronische Elemente und ruhigere Passagen setzen dekorative Akzente. Über die Jahre kultiviert das Quintett in diesen Ornamenten aber eine Palette an Sounds, die sie mit ihrem neunten Album endlich voll ausspielt. Selten fällt das Ergebnis so rabiat aus wie “Flight Without Feathers”, das mit Falsettgesang in Richtung Elektro-Pop driftet. Das Augenmerk liegt auf den Kontrasten, die durch den Stilmix innerhalb einzelner Songs möglich sind und für einen überwältigenden Gigantismus sorgen. Kaum ein Refrain kommt ohne Streicher aus, fast jeder Song agiert auf einem Synthie-Teppich und sowieso kann überall ein Breakdown lauern. Architects spielen das mit großer Geste, die zur in den Texten geschilderten, existenziellen Ohnmacht angesichts des desolaten Zustands unseres Planeten passt. Dasselbe gilt für das neue Interesse an traditionell zivilisationskritischem Industrial, das bereits die Single “Animals” stampfend ankündigt. Und das ist nur ein Beispiel für die fruchtbaren Verbindungen, die sich in den Songs ergeben: “Giving Blood” vereint Ambient, schrille Synthesizer und fieses Riffing, “An Ordinary Extinction” beschwört mit Techno-Beats scheinbar körperlose Stimmen und in “Impermanence” knistert es zwischenzeitlich gespenstisch, bevor ein – genau – Breakdown Parkway Drive-Shouter Winston McCall in den Song spült. Auch Gäste gehören zu den Experimenten auf “For Those Who Wish To Exist”: Wo McCall die alte Genre-Verbundenheit symbolisiert und Royal Bloods Mike Kerr eine Art Wildcard ist, zeigt der Auftritt von Biffy Clyros Simon Neil, wohin das alles zielt: auf ambitionierten Stadionrock. Der gemeinsame Song “Goliath” glänzt sicher dank Neils Charisma, ungeachtet dessen liefert Sänger Sam Carter auf diesem Album die variantenreichste Leistung seiner Karriere ab. Ähnlich wie Bring Me The Horizon wachsen Architects gerade aus der Nische auf die große Bühne. “For Those That Wish To Exist” ist ein beeindruckend eigenständiges Epos, das dieser Position gerecht wird. Lediglich die teils an Linkin Park erinnernden Laut-Leise-Strukturen dürfen demnächst subtiler ausfallen – das wogende “Demi God” zeigt, wie das klingen könnte.
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