Weiblich gelesen
In unserer Review zum neuen Östro-430-Album “Punkrock nach Hausfrauenart” hieß es kürzlich: “Und am Ende bedeutet Feminismus keine Privilegien für Frauen, sondern Gleichberechtigung. Und darüber wird nicht diskutiert.” Darüber nicht, nein, aber davon ausgehend kann man ruhig mal Fragen stellen, dachten wir. Den Breeders etwa, die 30 Jahre “Last Splash” feiern und wohl am besten sagen können, wie die musikindustrielle Misogynie Anfang der 90er mit der von 2023 zu vergleichen ist. Oder der ehemaligen Lush-Sängerin Miki Berenyi, die in ihrer Autobiografie die Lad-Kultur der Britpop-Hochzeit verurteilt. Oder den legendären Bush Tetras, die sich bereits Ende der 70er nichts gefallen ließen. Daneben sprachen wir mit einer Produzentin, einer Plattenladenbesitzerin und der Chefin des jungen Labels Ladies & Ladys über ihre Motive und Erfahrungen. Wir fassen mit einer Bookerin die Geschichte der geforderten Frauenquote auf Festivals und Preisverleihungen zusammen und nehmen uns in einem Essay den unhaltbaren Begriff “female fronted” vor. Nicht zuletzt fragen wir uns: Ist für all das im Ernst immer noch ein sogenanntes Frauenspecial nötig? Die Antworten findet ihr hier.
Rock war von Anfang an weiblich und Schwarz: Sister Rosetta Tharpe, die oft übersehene Rock'n'Roll-Pionierin, der auch eine lesbische Liaison nachgesagt wurde (Foto: Tony Evans/Hulton Archive/Getty Images)
Glossar
BIPoC: Abkürzung für die politischen Selbstbezeichnungen Black, Indigenous and People of Color. Der Sammelbegriff steht für den Widerstand gegen gewaltvolle Unterdrückung. FLINTA*: Abkürzung für Frauen, Lesben, Inter, Nichtbinär, Trans, Agender und damit ein Sammelbegriff aller Gender-Performances, die unter dem Patriarchat leiden. Cis: Bezeichnung für Menschen, die sich mit dem bei ihrer Geburt eingetragenen Geschlecht identifizieren. Gender & Sex: Unterscheidung zwischen dem sozialen Geschlecht (Gender) und dem biologischen Geschlecht (Sex)Inhalt
Vor 30 Jahren schlägt das zweite Breeders-Album “Last Splash” hohe Wellen. Die Deal-Schwestern und Bassistin Josephine Wiggs über Experimente, Nasensekret – und Misogynie als weiterhin bestehendes Rückgrat der Musikindustrie.
Der Musikjournalismus scheint seine Antwort auf die Frage von geschlechtergerechter Berichterstattung gefunden zu haben: das sogenannte Frauenspecial. Darf man das noch? Eine Betrachtung von Kat Ott.
Mit Ladies & Ladys ist Johanna Bauhus angetreten, um, wie sie selbst sagt, “die Majorlabels platt zu machen.” Das feministische DIY-Label aus Münster arbeitet transparent und hat eine klare Agenda gegen Sexismus in der Musikbranche.
Der Begriff “female fronted” ist als musikalische Umschreibung ein Unding. Trotzdem liest man ihn immer wieder. Julia Köhler über die gigantischen Schwachstellen dieses Pseudo-Genres und weitere Stellschrauben.
Mit den aktuellen Reissues der drei regulären Lush-Alben und ihrer Autobiografie “Fingers Crossed” hat Miki Berenyi derzeit viel zu tun. Wir sprachen mit ihr über Feminismus, fragwürdige Wetten und das Ärgerliche am Britpop.
Linda Dağ ist Tontechnikerin. Sie ist davon überzeugt, dass alle davon profitieren, wenn die Menschen hinter dem Mischpult genauso divers sind, wie die Hörer:innen am anderen Ende der Plattenproduktionskette.
Wir blicken auf die Historie der Geschlechtergleichheit in Festival-Line-ups und bei Preisverleihungen. Was ergeben Studien, wo greifen Konzepte und werden Initiativen tätig? Und was können Bands selbst tun, um für mehr Ausgleich zu sorgen?
Marga Glanz führt ihren Plattenladen Groove City mit vollem Einsatz. Das Gefühl, aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt geworden zu sein, hatte sie dabei nie – auch dank eigener Schutzmechanismen.
Sängerin Cynthia Sley und Gitarristin Pat Place von den New Yorker No-Wave-Legenden Bush Tetras über ihr neues Album, ihre bewegten Anfänge, Begegnungen mit “Too Many Creeps” und ihre liebsten aktuellen “Girlbands”.